Sonntag, 19. Oktober 2014

Wohin entwickelt sich das Wettkampfklettern in Deutschland? oder "Erster deutscher Leadcup 2014"


Vergangenes Wochenende fand der erste nationale Leadwettkampf der Saison 2014 in Darmstadt statt. Nach einer sehr guten Vorbereitung (u.a. Offene Rheinland-Pfalz-Meisterschaft) fuhr ich sehr motiviert und mit Vorfreude auf die bevorstehende Wettkampfsaison nach Darmstadt. Das Kletterzentrum Darmstadt ist 17,3 Meter hoch und hat eine Kletterfläche von 1981 m². Man könnte also annehmen,  dass das Hauptaugenmerk auf ausdauerbetonten Routen liegt. In der Qualifikation stellte sich allerdings bereits heraus, dass die Touren dann doch eher sehr boulderlastig werden würden. Beiden Touren bestanden jeweils aus 30 bis 35 Griffen also nicht sehr viel. Da denkt man sich dann kurz:Warum trainiere ich eigentlich so viel Ausdauer? Nichtsdestotrotz konnte ich beide Qualitouren Top klettern und war auf dem ersten Platz (zusammen mit Chris Hanke, David Firnenburg und Moritz Hans). Das Routenbauerteam bestand diesesmal aus reinen Boulderspezialisten was wahrscheinlich zum derartigen Routenbau beigetragen hat. 
Qualitour 2

Qualitour 1


Erste Qualitour DLC Darmstadt 2014 from Martin Tekles on Vimeo.

Zweite Qualitour DLC Darmstadt 2014 from Martin Tekles on Vimeo.

Im Finale wurde dann schließlich eine sehr denkwürdige Entscheidung getroffen. Die Routenschrauber wollten "einfach mal was Neues und Anderes ausprobieren" und schraubten für Herren und Damen jeweils eine Routen, welche ausschließlich aus Volumen bestand. Als Kletterspezialist stellt einen das durchaus vor eine Herausforderung. Natürlich ist es möglich, dass eine Passage in einer Route ausschließlich aus Volumen besteht, dass wäre für mich auch gar kein Problem, aber muss es denn wirklich gleich eine ganze Tour sein?! Kein einziger Griff, von Anfang bis Ende! Es versteht sich von selbst, dass dieser Routenbau mit internationalem Niveau nicht zu vergleichen ist. Als Argument wird oft hervorgebracht, dass man den Zuschauern ein Show bieten will. Tatsache ist aber folgendes: Erstens sollte sich das Bouldern und Klettern unterscheiden, es heißt ja nicht Bouldern am Seil und zweitens muss man sich dann entscheiden: Mache ich den Wettkampf für die Athleten oder für die Zuschauer? Meiner Auffassung nach steht immer noch der Athlet im Mittelpunkt eines Wettkampfes.
Finaltour (Bild: Vertical Axis)
Wenn es Zuschauern um eine reine Show geht können sie in den Zirkus gehen. Wenn es ihnen allerdings um Höchstleistung beim Klettern am Seil geht (wovon ich überzeugt bin) dann werden sie auch gespannt einen Wettkampf verfolgen, der dem internationalen Routenbau ähnlich wäre. Für Zuschauer (die etwas vom Klettersport verstehen, beziehungsweise besonders wenn nicht) ist es viel interessanter, wenn eine Tour mit Griffen geschraubt wird. Die Identifikation mit dem Sportler fällt viel einfacher. Man kann sich besser vorstellen: Was der hält sich an so einem kleinen Griff fest; diesen komischen Griff kenne ich und der kann da noch rasten?). Es bleibt zu hoffen, dass sich der Routenbau auf den beiden verbleibenden Deutschlandcups dahingehend ändert, fernab von Dynamos und Volumentouren. Ach ja, gewonnen hat Matthias Conrad, ein Boulderspezialist, der von sich sagt nur dreimal beim Klettern gewesen zu sein, zweiter wurde David Firnenburg (ebenfalls Mitglied im Bouldernationalkader (!)). Ich begnüge mich mit dem 5ten Platz und der Hoffnung, dass sich das Wettkampfklettern in Deutschland nicht zu sehr vom internationalen Standard entfernt, es nicht zum Bouldern am Seil verkommt und der Athlet wieder im Mittelpunkt stehen wird.


Jetzt heißt es wieder trainieren, denn in einer Woche (25.10.2014) geht es in Neu-Ulm wieder weiter mit der zweiten Station der nationalen Leadsaison.
Komplette Ergebnisse findet man hier.
Offizieller Artikel über den Wettkampf aus Sicht des DAV findet man hier. (Um auch eine andere Sichtweise auf den Wettkampf zu erhaschen)